Jahrzehntelang war die autogerechte Stadt das Leitbild in der Stadtplanung. Alle urbanen Planungsmaßnahmen sollten sich dem ungehinderten Verkehrsfluss des Autos unterordnen.
Mit bekannten Folgen: massives Verkehrsaufkommen, Staus, Lärm und Luftverschmutzung. Hier findet aktuell ein Umdenken statt. Städte wie Barcelona und Paris sind Vorreiter, Autos im urbanen Raum zu reduzieren. In diesem Artikel beleuchten wir, wie die Vision einer autofreien Stadt aussieht und wie sie zu einem nachhaltigeren, lebenswerten städtischen Umfeld beitragen kann.
Was ist eine autofreie Stadt?
Autofreie Städte räumen Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und öffentlichen Verkehrsmitteln Vorrang vor dem Auto ein. Dies bedeutet nicht, dass autofreie Städte den Autobesitz vollständig verbieten.
Eine autofreie Politik bedeutet in der Regel, dass die Zahl der Autos reduziert oder diese in bestimmten autofreien Zonen ganz oder teilweise eingeschränkt wird. Die Bewohner dürfen in städtischen Gebieten meist weiterhin Autos besitzen und fahren. Normalerweise wird dies auch durch die Förderung von anderen Transportmitteln wie dem öffentlichen Verkehr, Fuß- und Radverkehr unterstützt.” Wer eine autofreie Stadt schaffen will, setzt auf nachhaltige Mobilitätsoptionen, die die Erreichbarkeit erhöhen.
Warum gehen Städte gegen zu viele Autos vor?
Verbesserung der Luftqualität
Der Wandel hin zu einer autofreien Stadt verringert die Luftverschmutzung. Weniger Autos auf den Straßen bedeuten weniger schädliche Emissionen, wie Kohlenmonoxid und Stickoxide.
Optimierung des städtischen Raums
Autos beanspruchen in Städten viel Platz. Im Durchschnitt sind sie 23 Stunden am Tag irgendwo geparkt – häufig am Straßenrand.
Pkw befördern durchschnittlich 1,5 Insassen pro Fahrt. Sie beanspruchen etwa 13,5 Quadratmeter pro Person. Im Vergleich dazu: in einem Bus mit 40 % Belegung sind dies nur 1,2 Quadratmeter pro Person. Weniger Autos in den Städten bedeuten also mehr Platz für andere Aktivitäten und Projekte, die der Gemeinschaft zugutekommen.
Zum Beispiel für Parks, Straßencafés, Spielplätze oder mehr Straßenraum für Fuß- und Fahrradwege. Städte, die diesen zurückgewonnenen Raum effektiv umverteilen, werden meist als besonders lebenswert eingestuft. Sie schaffen ein Umfeld, das die Interaktion mit der Gemeinschaft und das Wohlbefinden fördert.
Gesundheit
Autofreie Städte und autofreie Gemeinden mit Fokus aktive Modi fördern die körperliche Aktivität ihrer Bürger*innen. Bewegung unterstützt die Gesundheit der Menschen.
Stärkung der Wirtschaft
Entgegen oft hervorgebrachten Befürchtungen fördern autofreie Stadtzentren das Wirtschaftswachstum eher, als das sie es behindern. Indem sie Fußgänger*innen und Radfahrer*innen Vorrang einräumen, schaffen Städte ein lebendiges, attraktives Umfeld. Dies steigert nicht nur die Lebensqualität der Bewohner*innen. Das zieht auch Besucher*innen an, lädt zum draußen sitzen und Bummeln ein und belebt den Einzelhandel.
Weniger Autos heißt zudem weniger Staus, was einen reibungsloseren Verkehrsfluss öffentliche Verkehrsmittel oder auch Rettungsfahrzeuge bedeutet. So verbessert sich auch die Gesamteffizienz.
Besserer Zugang, gerechtere Mobilität
Autofreie Städte fördern die Chancengleichheit, indem sie allen Menschen unabhängig vom sozioökonomischen Status, den Zugang zu Mobilität ermöglichen.
Durch Investitionen in den öffentlichen Verkehr und Rad- und Fußverkehr stellen Städte sicher, dass auch Menschen, die nicht Auto fahren können oder wollen oder sich kein eigenes Fahrzeug leisten können, mobil sind. Dieser integrative Ansatz fördert den sozialen Zusammenhalt und verringert verkehrsbedingte Ungleichheiten.
Nachhaltige Entwicklung
Der Übergang zu autofreien Städten steht im Einklang mit den Grundsätzen der nachhaltigen Stadtentwicklung. SUMPs (Sustainable Urban Mobility Plans) sollen Verkehrsemissionen, Lärm, Staus und Unfälle reduzieren und gleichzeitig die Lebensqualität verbessern. Sie zielen darauf ab, den Verkehr umweltfreundlicher gestalten.
Welche Beispiele gibt es für autofreie Städte?
Städte wie Gent in Belgien, Amsterdam in den Niederlanden und das belgische Gent dienen als bekannte Beispiele. Dublin hat erst kürzlich Pläne angekündigt, Autos und Nutzfahrzeuge im Stadtzentrum zu verbieten.
Bekannte Beispiele sind zudem Paris und Barcelona, die bereits erfolgreich eine autofreie Politik umsetzen. Und auch Hannover hat im vergangenen Jahr angekündigt, in der Innenstadt Autos reduzieren zu wollen.
Die Superblocks von Barcelona
Seit einigen Jahren ist Barcelona sehr fortschrittlich, wenn es um die Gestaltung einer lebenswerten und grünen städtischen Umwelt geht. Die Stadt verfügt über einen umfassenden Plan für urbane Mobilität, um nachhaltige, sichere und gesunde Mobilitätsoptionen zu fördern. Die sogenannten Superblocks sind das Herzstück der städtischen Transformation.
Die Superblocks sind Stadtteile aus neun Blöcken, in denen der Verkehr eingeschränkt ist. Busse, Lastwagen und andere Fahrzeuge, die von einem Teil der Stadt in einen anderen fahren, müssen diesen Bereich umfahren.
Nur Anwohner*innen und Lieferfahrzeuge dürfen hineinfahren – mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 10 km/h. Parken ist nur in Tiefgaragen oder außerhalb des Superblocks möglich. Die Straßen im Inneren sind nur für Fußgänger und Radfahrer freigegeben. Sie sollen mehr Freiraum für Begegnungen und Gespräche der Bürger*innen, für Märkte, Spielplätze, Cafés oder öffentliche Veranstaltungen schaffen.
In der Stadt gibt es bereits fünf Superblocks, weitere sind geplant. Die Fortschritte lassen sich auf einer öffentlich zugänglichen Karte der städtischen Umgestaltung verfolgen.
Pariser autofreie Zonen
Paris den Parisern zurückgeben – das ist der Antrieb hinter den Plänen von Bürgermeisterin Anne Hidalgo. Ihr Ziel ist es, die französische Hauptstadt in eine grüne 15-Minuten-Stadt zu verwandeln. Die Bewohner*innen in dieser Gegend haben alles, was sie brauchen, in der Nähe. Sie können zu Fuß oder mit dem Fahrrad in 15 Minuten dorthin gelangen.
Die Pariser Stadtverwaltung hat bereits viele Maßnahmen in Richtung einer autofreien Stadt angestoßen: Große Teile des Seineufers wurden erfolgreich zu Fußgängerzonen umgestaltet. Das Netz an Fahrradwegen in der Stadt wurde großflächig ausgebaut. Man hat neue Grünflächen und Bürgersteige in Bereichen angelegt, die zuvor dem Autofahren und Parken vorbehalten waren.
Außerdem sind an jedem ersten Sonntag im Monat zehn überlastete zentrale Bereiche, wie die berühmten Champs Élysées, autofrei. Im August 2021 hat Paris beschlossen, die Geschwindigkeitsbegrenzung im Stadtzentrum auf 30 Stundenkilometer zu senken. Dies soll die Luftqualität verbessern. Die Maßnahme gilt für die meisten Teile des Stadtzentrums.
Im Februar 2024 stimmten Pariser*innen für eine Verdreifachung der Parkgebühren für große SUVs. Im Hinblick auf die bevorstehenden Olympischen Spiele verstärkt die Stadt ihre autofreien Initiativen. Während der Veranstaltung wird der Autoverkehr auf 185 Kilometern Straßen in der Region Île-de-France stark eingeschränkt. Darüber hinaus wird das Radwegenetz um 415 Kilometer erweitert.
Diese Maßnahmen unterstreichen das Engagement von Paris für die Förderung nachhaltiger Mobilität und die Verbesserung der Lebensqualität der Einwohner.
Hannover autofrei
Auch Hannover hat 2023 Pläne für eine autofreie Innenstadt bis 2030 vorgelegt. So sollen in Zukunft die meisten Straßen im Zentrum für den Autoverkehr gesperrt werden. Zudem sollen vielen Parkplätze am Straßenrand wegfallen. Parken ist dann vorrangig in Parkhäusern möglich. Das neue Mobilitätskonzept soll vor allem Fußgänger*innen zugutekommen.
Simulationen zur Neugestaltung des städtischen Raums
Im Zuge dieses Paradigmenwechsels in der Stadtplanung legen Städte und Kommunen zunehmend Wert auf die Schaffung lebenswerter, grüner und attraktiver Umgebungen für ihre Bewohner*innen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Frage, wo Autos fahren dürfen und wie Straßen umgestaltet werden können, um vorrangig den Bedarf an einer anderen Nutzung zu decken: vom ÖPNV bis hin zu Park- und Grünanlagen.
Umso wichtiger ist es für Planer, sich mit möglichen Maßnahmen zur Schaffung autofreier Städte auseinanderzusetzen. Wie verlagert sich zum Beispiel der Verkehr, wenn bestimmte Stadtteile für Autos gesperrt werden? Bietet der ÖPNV eine gute Anbindung und hat er eine ausreichende Kapazität? Wie können verschiedene Verkehrsträger und -dienste effizient miteinander verbunden werden, um ein nachhaltiges Mobilitätsökosystem zu schaffen?
Um diesen Mobilitätswandel voranzutreiben, sind Daten und Simulationsmodelle unverzichtbare Instrumente. Software wie PTV Visum oder PTV Vissim hilft dabei, die Effizienz eines Mobilitätssystemen in Bezug auf Anbindung und Kapazität bewerten. Dies hilft Städten und Kommunen kluge Entscheidungen darüber zu um eine nachhaltige und zukunftsfähige Mobilität zu schaffen.
Simulationen zur Neugestaltung des städtischen Raums
Die Politik von Städten und Stadtvierteln ändert sich. Immer mehr von ihnen wollen ihren Bewohnern ein lebenswertes, grünes und attraktives Umfeld bieten. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Frage, wo Autos fahren dürfen und wie Straßen umgestaltet werden können, um vorrangig den Bedarf an einer anderen Nutzung zu decken: vom ÖPNV bis hin zu Park- und Grünanlagen.
Umso wichtiger ist es für Planer, sich mit möglichen Maßnahmen zur Schaffung autofreier Städte auseinanderzusetzen. Wie verlagert sich zum Beispiel der Verkehr, wenn bestimmte Stadtteile für Autos gesperrt werden? Bietet der ÖPNV eine gute Anbindung und hat er eine ausreichende Kapazität? Wie können verschiedene Verkehrsträger und -dienste effizient miteinander verbunden werden, um ein nachhaltiges Mobilitätsökosystem zu schaffen?
Um diesen Mobilitätswandel voranzutreiben, sind Daten und Simulationsmodelle unverzichtbare Instrumente.
Guten Tag,
sehr schöne Beschreibung der Vorbilder für Kiezblöcke …
… wir sind eine junge Initiative “Kiezblocks Karlsruhe”, die diese Ideen in unsere Stadt holen will. Als Orga-Plattform haben wir uns changing-cities gewählt und werden diesem Verein beitreten.
Für uns wäre eine Zusammenarbeit mit der PTV sehr hilfreich, wenn wir einfache Visionen von autoreduzierten Straßen und Plätzen bekommen könnten um Unterstützung der Anwohner zu bekommen. Kennen Sie unser erstes Event auf der Hirschbrücke?
https://ka-kiezblocks.de/
Als ehrenamtliche Organisation sind wir natürlich auch auf Spenden freundlich gesinnter Unternehmen angewiesen.
Ich freue mich über jede Zusammenarbeit mit der PTV .
Schöne Grüße!